Christoph H., Bibliotheksleiter

Studienabschluss: Bibliotheksmanagement, B.A.

Stellen Sie sich und Ihren Beruf kurz vor!

Ich arbeite als Leiter einer Öffentlichen Bibliothek in einer Kleinstadt mit 33.000 Einwohnern. Insgesamt arbeiten 8 Personen verteilt auf 4,17 Stellen in der Bibliothek. Eine große Anzahl an Ehrenamtlichen unterstützt die Arbeit. Die Bibliothek erzielt zusammen mit ihren Nebenstellen jährlich 260.000 Ausleihen.

Der Tag beginnt meist zwischen 8 und 9 Uhr mit Büroarbeit. Die Bibliothek öffnet dann um 10 Uhr und schließt um 12 Uhr. Nach einer Mittagspause hat die Bibliothek wieder von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

Ich habe die verschiedenen Studiengänge in Deutschland im Bereich Bibliothek verglichen und mich schließlich für Potsdam entschieden, da mir hier der Anteil an Technik, Wirtschaft und Bibliothek am ausgewogensten erschien. Dass die FH Potsdam beim Thema Familienfreundlichkeit schon recht weit war, hat mich als Vater ebenfalls überzeugt.

Neben der Arbeit mit unterschiedlichen Menschen, fasziniert mich vor allem die Vielseitigkeit des Berufs. Morgens einen Kurs mit angehenden Grundschulkindern leiten, nachmittags erwachsene Migranten beim Deutschsprechen unterstützen und abends eine Lesung mit einem bekannten Krimiautor ankündigen. Außerdem macht es mir Spaß flexibel auf neue Anforderungen reagieren zu können. Eine Bibliothek ist etwas sehr Lebendiges und sowohl in den Bereichen Bestand als auch bei den Angeboten kann man in kurzer Zeit viel anpassen.

Man muss in jedem Fall sehr strukturiert und priorisiert arbeiten können. Die Arbeitsbelastung ist über das Jahr gesehen unterschiedlich hoch. Beispielsweise sind die Ausleihen Ende des Jahres hoch, gleichzeitig muss man Anträge und den Haushalt einreichen sowie Jahresberichte und Statistiken erstellen. In der Regel hat man aber auch über das Jahr gesehen immer viele Baustellen gleichzeitig und proaktives Handeln und Delegieren ist unerlässlich.

Am Wichtigsten war es mir, unterschiedliche Bibliotheksmodelle in verschiedenen Ländern kennen zu lernen. Deutschland hinkt in etlichen Bereichen Jahre zurück. Zu wissen wohin die Reise geht oder gehen könnte, ist eine wichtige Grundvoraussetzung um MitarbeiterInnen einzubinden, Kontakte aufzubauen, neue Angebote zu definieren und Unterhaltsträger von notwenigen Änderungen zu überzeugen.

Für mich waren vor allem die interdisziplinären Kurse interessant. Einblicke in die Denkweise von ArchivarInnen und DokumentarInnen zu erhalten war sehr wertvoll. Besonders spannend waren auch Kurse, die BibliothekarInnen, DesignerInnen und ArchitektInnen zusammengebracht haben. Der Lern- und Aha-Effekt ist enorm. Hier hat die FH Potsdam wirklich gute Ansätze und als Studierende/r sollte man unbedingt diese Kurse abseits des Kerncurriculums wahrnehmen.

Neben Empathie und pädagogischen Fähigkeiten sollte man Spaß am Planen und an der Kontaktpflege haben. Hilfreich ist auch, wenn man überzeugend präsentieren und die eigene Einrichtung optimal nach außen darstellen kann. „Klassische“ Dinge wie Katalogisieren und Erwerbung spielen im Berufsalttag einer Öffentlichen Bibliothek zeitlich so gut wie keine Rolle mehr. Fremddatenübernahme, Fortsetzungs- und Bestsellerservices und andere Dinge wären hier zu nennen. Die Organisation von Veranstaltungen, kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit, Stellen von Projektanträgen, Einbindung von Ehrenamtlichen, Kontaktpflege zu Bildungseinrichtungen und Weiterentwicklung des Angebotes sind weitaus wichtiger.

Man sollte ein großes Interesse an Menschen und dem Umgang mit Technik mitbringen. Eine grundsätzlich positive Einstellung zu Veränderungen kann ebenfalls nicht schaden. Bibliotheken und die Anforderungen an sie entwickeln sich rasant und es ist wichtig, dass man dies mit im Blick hat. Es ist spannend zu sehen, wie sich Bibliotheken bei Zukunftsthemen wie Digitalisierung (Makerspace, Medienkonvergenz), Share Economy (Bibliothek der Dinge), Bibliothek als Werkstatt (Lern- und Medienwerkstatt) und weiteren für die Gemeinschaft relevanten Themen aufstellen werden.

Quelle: privat