Annette B., Archivarin


Annette B. – Archivarin

Studienabschluss: Archiv (B. A.)


Stellen Sie sich und Ihren Beruf bitte kurz vor.

„Ich habe 2016 den Bachelor­abschluss im Studien­gang Archiv an der FH Potsdam gemacht. Nun arbeite ich als Archivarin im Stadt­archiv Nürnberg und bin dort für den Auf­bau des digitalen Archivs ver­antwortlich.“


Beschreiben Sie bitte Ihre Arbeit: Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei Ihnen aus?

„Mein Aufgaben­gebiet um­fasst die digitale Archivierung, Schrift­gut­verwaltung und Aus­sonderung von amtlichen Unter­lagen. Ich bin vor allem für die Über­nahme und Archivierung digitaler Unter­lagen zuständig. Gelegent­lich ver­zeichne ich aber auch Archiv­gut und habe dabei mit Papier­akten zu tun. Meine Tätig­keiten sind zum Teil an das Projekt zum Auf­bau des digitalen Archivs ge­bunden, etwa An­forderungen an die digitale Lang­zeit­archivierung zu formulieren oder eine Markt­erkundung für Archivierungs­systeme durch­zuführen.

Andere Tätig­keiten wie die Be­wertung oder die Vor­bereitung und Durch­führung von Über­nahmen ge­hören dauer­haft zu meinen Auf­gaben. Dafür be­schäftige ich mich mit organi­satorischen, z.T. auch recht­lichen Aspekten sowie technischen Fragen. Einen Groß­teil der Zeit ver­bringe ich im Büro, gelegent­lich gibt es Be­sprechungen mit den Kolleginnen und Kollegen von der IT oder den Mit­arbeiterinnen und Mit­arbeitern der Dienst­stellen, die ihre Unter­lagen an das Archiv ab­geben.“


Warum haben Sie sich für den Studiengang Archiv entschieden?

„Vor dem Studium habe ich ein erstes Archiv­praktikum ge­macht und fand die Ein­blicke in die Welt und manche – recht aktuellen – Ent­wicklungen spannend, die ich bei der Er­schließung be­kommen habe. Außer­dem haben eine Aus­gabe der Zeit­schrift ‚Archivar‘ mit dem Schwer­punkt­thema ‚Berufsbild‘ und ins­besondere die Inter­views darin mein Interesse ge­weckt (Archivar 2010, Heft 4 sowie zwei weitere Interviews in 2011, Heft 1). Die Ent­scheidung war jedoch ziem­lich spontan und un­geplant.“


Schildern Sie bitte Ihren beruflichen Werdegang: Wie sind Sie zu Ihrem jetzigen Beruf gekommen?

„Bevor ich Archivarin ge­worden bin, habe ich zunächst Katholische Theologie, Französisch und Geschichte studiert. Während des Studiums an der FH Potsdam habe ich durch einen Studenten­job und Praktika Archive ver­schiedener Sparten kennen­gelernt.

Mein Interesse an den informations­techno­logischen Inhalten und der digitalen Archivierung hat sich während des Studiums heraus­ge­stellt. Durch meine Wahl­pflicht­kurse und die Abschluss­arbeit habe ich mich auf die digitale Archivierung spezialisiert. In der Bachelor­arbeit habe ich für das Stadtarchiv Nürnberg Systeme zur digitalen Lang­zeit­archivierung ver­glichen. Dadurch bin ich zu meiner jetzigen Stelle ge­kommen.“


Was fasziniert Sie an Ihrer Tätigkeit?

„All­gemein fasziniert mich der Ge­danke, dafür ver­antwortlich zu sein, dass Dinge, die schon mehrere Jahr­hunderte über­dauert haben, weiter­hin er­halten bleiben sowie zu ent­scheiden, was aus unserer heutigen Zeit über­liefert werden soll. An der digi­talen Archivierung finde ich spannend, dass es keine fertigen Lösungen gibt, sich vieles noch ent­wickelt und das auch weiter­hin so bleiben wird.“


Was erleben Sie als Herausforderung bei Ihrer Tätigkeit? Was macht das ganze eventuell schwer?

„Digitale Archivierung ist nicht nur eine spannende, sondern auch eine ziemlich komplexe und oft abstrakte Sache. Wie bei jedem Studium bringt man natür­lich nur einen Grund­stock an Wissen mit, den­noch gibt es Vieles, das man sich im Laufe der Zeit erst an­eignen muss.“


Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie während Ihres Studiums für Ihren aktuellen Beruf gelernt haben?

„Von den Studien­inhalten sind die Kennt­nisse zur digitalen Archivierung, zu Daten­banken und XML für mich wichtig. All­gemein ge­hören die selbst­ständige Ein­arbeitung in un­bekannte Themen und der Umgang mit großen Mengen an Infor­mationen zu den Dingen, die man aus dem Studium mit­nehmen sollte.“


Was sollte man an Interessen bzw. Fähigkeiten für dieses Berufsfeld mitbringen, im Studium erwerben oder sich gegebenfalls durch Zusatzqualifikationen aneignen?

„Anders als die Klischees über Archivare es ver­muten lassen, sollte man kommunikativ sein und an aktuellen Er­eignissen und Ent­wicklungen interessiert sein. Eine gewisse Technik­affinität ist eben­falls eine gute Voraus­setzung, zumindest sollte man sich von tech­nischen Aspekten nicht ab­schrecken lassen. Außerdem sollte man Geduld und Aus­dauer mit­bringen, da es hin und wieder auch etwas ein­tönige oder lang­wierige Auf­gaben geben kann.“


Was würden Sie Studieninteressierten mit auf den Weg geben? Welchen Rat würden Sie zum Studienbeginn erteilen wollen für alle, die später ebenfalls Ihren Beruf ausüben wollen?

„Man sollte unvorein­genommen an die Studien­inhalte heran­gehen und nicht von vorn­herein denken: ‚Wofür brauche ich das schon?‘ Mit frei­willigen Praktika oder Studenten­jobs kann man zu­sätzliche praktische Er­fahrung sammeln und einen recht breiten Einblick in ver­schiedene Archiv­sparten, Arten von Archiv­gut, Tätig­keiten und Arbeits­bedingungen be­kommen.

Die Archiv­welt ist ziemlich viel­seitig und das Studium bietet einem die Möglich­keit, Dinge aus­zu­probieren und heraus­zu­finden, was einem später im Beruf wichtig ist, sowie auch über den Teller­rand hinaus­zu­schauen.“